Juckende, trockene Kopfhaut? Schuppen? Alle zwei Tage schon wieder fettige oder kraftlose Haare? Nie wieder!
Vor einiger Zeit kehrte ich den handelsüblichen Shampoos aus Plastikflaschen den Rücken und machte mich auf die Suche nach Alternativen, einerseits, weil ich die Chemie darin nicht mehr auf meiner Kopfhaut haben wollte, andererseits, um Müll zu vermeiden. Drum erfährst du hier über Roggenmehl-Shampoo und Apfelessig-Spülung, über Haarewaschen nur mit Wasser und darüber, wie Bürsten mit einer Naturborstenbürste richtig funktioniert und dass es Haarewaschen komplett ersetzen kann.
Haarseife - verpackungsfrei & regional
Auch Naturkosmetik steckt leider meist in Plastikflaschen und wenn natürliche Haarwaschmittel wie Lava- und Heilerde zu uns herübergeflogen werden, ist das wenig umweltfreundlich und nachhaltig. Eine verpackungsfreie, regionale Alternative ist die Haarseife, die auf den ersten Blick wie Handseife aussieht. Einige Menschen, die ich kenne, mögen sie sehr. Meine Kopfhaut und Haare waren davon bei meinen ersten Versuchen damals jedoch nur mäßig begeistert, obwohl ich verschiedene Varianten durchprobiert habe (für trockene Kopfhaut, für leicht fettendes Haar, …).
Ich beklagte mich bei dem ein oder anderen Menschen über mein vergebliches Suchen und erfuhr so von der No-Poo-Methode. Neugierig geworden, ob Haarewaschen nur mit Wasser wirklich möglich ist, las ich ein paar Erfahrungsberichte auf Blogs, die immer wieder die Wichtigkeit des richtigen Bürstens betonten. Bevor ich also 2017 mit No-Poo begann, schaffte ich mir erst einmal eine qualitative Naturborstenbürste an und verwöhnte Haar und Kopfhaut damit über einen Monat lang jeden Morgen. Denn:
Das A&O für Haar und Kopfhaut: Bürsten!
Wozu eigentlich Shampoo? Für eine gesunde Kopfhaut und glänzendes, geschmeidiges Haar brauchen wir weder Chemie noch Pflanzenextrakte. Bürsten kann das viel besser, natürlicher, nachhaltiger und hat sich schon seit Hunderten von Jahren bewährt. Zu manchen früheren Zeiten haben die Menschen ihre Haare fast gar nicht gewaschen, sondern nur gebürstet – und wenn gewaschen, dann nur mit Wasser oder mit natürlichen Stoffen wie Asche oder Pflanzengemischen (z.B. aus Kamillen- oder Lavendelblüten). Die hier vorgestellte Art des Bürstens ist für alle Haartypen außer für Korkenzieherlocken und Afrohaare, die eine spezielle Art der Pflege benötigen, geeignet.
Am sinnvollsten ist das Bürsten am Morgen, um die Kopfhaut von den Salzen, die sich dort über Nacht gebildet haben, zu reinigen. Die Kopfhaut ist nämlich eines der wichtigsten „Mülllager“ unseres Körpers, über die er entgiftet – auch eine gesunde Ernährung ist also wichtig für schönes Haar. Außerdem wird beim Bürsten der Säureschutzmantel (bestehend aus Talg und Schweiß) von der Kopfhaut über das ganze Haar bis in die Spitzen verteilt – wie du vermutlich selbst schon beobachtet hast, haben wir oben ja eher fettiges Haar und unten oft eher trockene Spitzen. So pflegt und glättet das Bürsten die Haare und hält sie natürlich geschmeidig. Ergebnis: eine gut durchblutete, gesunde Kopfhaut und glänzendes, geschmeidiges Haar.
Welche Bürste ist dafür geeignet?
Eine qualitative Naturborstenbürste kann den Säureschutzmantel optimal verteilen, da sie beim Bürsten wirklich jedes Haar erfasst. Die weiter entfernt stehenden Borsten einer normalen Bürste (auch „Massagebürste“ genannt) kämmen nur strähnchenweise.
Eine qualitative Naturborstenbürste aus heimischem Holz hat zwar ihren Preis, hält jedoch bei korrekter Benutzung und Reinigung ein Leben lang, heißt es. Hier oben abgebildet sind Wildschweinborstenbürste (die mit dunklen Borsten) und die vegane Sisalbürste (die mit hellen Borsten). Mit meiner Wildschweinborstenbürste (so eine wie links im Bild) bin ich größenteils zufrieden. Ihr schön gearbeiteter Holzgriff fühlt sich toll an und ihre dichten Naturborsten sind eine herrliche Massage für meine Kopfhaut und auch ideal, um wirklich jedes Haar zu erreichen. Allerdings sind schon nach drei Jahren einige Borsten ausgefallen oder abgebrochen. Bei feinem, glattem Haar täte sie sich vermutlich leichter.
Es gibt Bürsten auch als Mix: sowohl mit Naturborsten als auch mit Plastik- oder Holznoppen. Dieser Mix ist nach verschiedenen Erfahrungsberichten, die ich gelesen und mir erzählen lassen habe, wohl die angenehmste Variante („Anti-Zipp-Bürste“), v.a. wenn du wie ich tendentiell dickes, dichtes oder/und lockiges Haar hast.
Bürstenpflege
Nach jedem Bürsten sind Haare und Talg aus den Borsten zu entfernen, z.B. Bürsteschonend mit einem Bürstenreiniger. In regelmäßigen Abständen sind die Borsten außerdem mit Wasser (und ggf. Haarseife) zu waschen, um sie von Talgresten zu befreien, und das Holz zu pflegen, z. B. mit ein wenig Bürstenwachs oder Öl. Da sich vor allem beim ersten Bürsten nach dem Waschen in der Bürste viel Talg sammelt, reinige ich sie meist dann mit (Haar-/) Seife.
So geht's: 100 Bürstenstriche täglich
Ich bürste so:
- stehend, Kopf gerade: je 10 Bürstenstriche von der Kopfmitte aus nach unten bis durch die Haarspitzen in ca. drei Bahnen je links und rechts. (s. Abb. 2 unterer Kopf)
- kopfüber (alles am Hinterkopf) je 10 Bürstenstriche pro Bahn: 1-2 Bahnen am Hinterkopf (s. Abb. 1 Kopf Mitte) + 1-2 je rechts und links seitlich am Hinterkopf (ab dem Ohr zur Kopfmitte; s. Abb. 1 Kopf rechts und links)
- wieder Kopf gerade: von vorn nach hinten je 10 Bürstenstriche rechts und links seitlich am Kopf und 1-2 oben auf dem Scheitel (s. Abb. 2 Kopf oben)
Das ist dann gründlich gebürstet. Wenn ich weniger Zeit habe, mache ich nur Schritt eins, achte aber darauf, die Locken im Nacken wenigstens mit den Fingern zu entwirren. Dort bildet sich bei mir nämlich mit der Zeit sonst ein Dread, der sich irgendwann nur noch abschneiden lässt.
TIPP: Wenn ich morgens einen wichtigen Termin habe (z.B. Fotoshooting), bei dem die Haare top aussehen sollen, wasche ich sie entweder an diesem Morgen oder bürste sie frühzeitig am Morgen, damit der Schutzfilm bis zum Termin nicht mehr sichtbar ist, oder ich bürste an dem Tag lieber abends ausgiebig. Denn: Direkt nach dem ausgiebigen Bürsten sieht das Haar manchmal glatt bis platt gebürstet und leicht fettig aus – logischerweise, da ich ja soeben den Säureschutzmantel über das ganze Haar verteilt habe. Wenn ich mir gerade das Gesicht eingecremt habe, glänzt es schließlich auch kurzzeitig fettig. Ebenso wie die Hautcreme zieht auch der Säureschutzmantel ein. Und wenn ich mein Haar gerade nicht glatt mag, lockere ich es im Anschluss mit einer Massagebürste, einem groben Kamm oder den Fingern auf.
Wie verträgt sich das Bürsten mit Locken?
Mein dichtes, dickes und lockiges Haar ist seinem Naturell nach etwas widerspenstig, sodass ich bei jedem Bürstenstrich mit den Fingern folge, um Knoten in den Spitzen zu lösen. Richtig lockig ist mein Haar direkt nach dem Waschen (bestes Ergebnis, wenn ich es an der Luft trocknen gelassen habe) oder wenn ich es nach dem Bürsten mit den Fingern auflockere. Wenn ich es lieber lockig haben möchte, ordne ich es morgens meist nur mit den Fingern und bürste erst abends vor dem Schlafengehen ausgiebig. Die ersten beiden Tage nach dem Waschen habe ich auch bei intensivem Bürsten schöne Wellen und eine Mähne. Weitere Tage danach wird es immer glatter und weniger voluminös, sodass ich es dann am liebsten in irgendeiner Zopfform trage (wobei ich generell oft einen Flechtezopf trage). Manche Menschen besprühen ihr offenes Haar ein wenig mit Wasser (z.B mit einer Sprühflasche), um die Locken wieder hervorzulocken.
Anfangs hat mich der ungewohnte Zeitaufwand genervt – schließlich habe ich Jahre lang nur Kurzhaarfrisuren getragen und oft nicht mal gekämmt. Doch wie bei allen Menschen mit langen, lockigen Haaren gilt: Je länger ich nicht bürste (wenn ich aus praktischen Gründen z.B. eine Woche lang immer einen Flechtezopf trage), umso länger brauche ich dann beim Entknoten der Locken mit den Fingern und dem Bürsten, wenn ich es wieder mache. Bei mir ist ausgiebiges Bürsten mindestens jeden zweiten Tag sinnvoll. Besonders wohltuend ist die Gute-Morgen-Massage, das ausgiebige Bürsten, übrigens draußen auf dem Balkon oder im Garten, während mir die Morgensonne ins Gesicht scheint.
Durch das tägliche Bürsten hat sich mein Haar angenehm verändert. Es fühlt sich kraftvoller und leichter an. Und tatsächlich: Je regelmäßiger ich bürste, umso seltener muss ich die Haare waschen, weil das Bürsten es quasi ersetzt. Nach über einem Monat ausgiebigem Bürsten wagte ich 2017 dann erstmals, jegliches Shampoo wegzulassen:
No-Poo: Haarewaschen nur mit Wasser?!
Es heißt, dass die Talgproduktion durch die Shampoonutzung nicht mehr ausgeglichen ist und die Kopfhaut das erst wieder „lernen“ muss. Deshalb kann es sein, dass sie auf das Waschen rein mit Wasser erst einmal mit Juckreiz, übermäßiger Talgproduktion, fettigem Ansatz und/ oder trockenen Spitzen reagiert. Wie lange es dauert, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist und was genau vorkommt, ist individuell verschieden. Bei manchen Menschen dauert die Umgewöhnungsphase 4-6 Wochen. – Ich hatte das alles gar nicht, vermutlich, weil ich zuerst mit dem ausgiebigen Bürsten angefangen und lange schon nur noch sehr natürliche Shampoos benutzt habe.
Zu Beginn war es ein seltsames Gefühl, meine Haare nur noch alle sieben Tage zu waschen und dann auch nur mit Wasser. Ich stellte mich unter die Dusche und massierte meine Kopfhaut mit den Fingerspitzen, während ich Wasser darüber laufen ließ. Dann wrang ich meine Haare aus, massierte die Kopfhaut sanft mit einem Handtuch (das nimmt zusätzlich Talg fort) und schon waren meine Haare fertig gewaschen.
Je nachdem, wo ich mich in meinem Zyklus befinde oder ob ich mehr Locken haben will, wasche ich die Haare öfter oder seltener: höchstens alle drei Tage und mindestens alle elf. Ich habe immer wieder Freund*innen und Arbeitskolleg*innen gefragt, wie sie mein Haar finden und sie konnten es kaum glauben, dass ich nur mit Wasser wasche und auch noch so selten.
Mit der Zeit begann es sich anders anzufühlen: Mein früheres Kopfhautjucken hat sich schon mit dem Bürsten verabschiedet und mein Haar fühlt sich gar nicht mehr fettig an, nur manchmal leicht wächsern – ich vermute, das ist der Säureschutzmantel. Zu Beginn war es ungewohnt, aber mittlerweile mag ich es, wie mein Haar sich natürlich anfühlt und dass es nur nach mir riecht. Auch mein Freund und andere Menschen, die mit mir in Kuschel- und/ oder Tanzkontakt sind, mögen es.
Da mich das Bürsten anfangs sehr genervt hat, suchte ich auch nach einer natürlichen Spülung, die das Bürsten erleichtern sollte und stieß auf:
Apfelessig für weiches, kämmbares Haar
Für mein braunes Haar verwende ich naturtrüben Bio-Apfelessig: 1 EL in eine Tasse lauwarmes Wasser. Beim ersten Mal hielt ich es für nebensächlich, lauwarmes Wasser zu verwenden. Aber als ich mir dann die kalte Spülung über den Kopf geschüttet habe und sie mir auch über den Rücken lief … Seitdem nehme ich lauwarmes Wasser.
Bei hellem bzw. blondem Haar ist eine Zitronenspülung besser: ein Spritzer Zitrone in eine Tasse lauwarmes Wasser.
Wie eine normale Spülung anzuwenden: Haare nassmachen, auswringen, Spülung über den Kopf gießen und mind. 2 Minuten einwirken lassen. Je länger ich sie einwirken lasse, umso samtiger fühlt sich mein Haar danach an. Außerdem lässt es sich später im trockenen Zustand viel leichter bürsten. Der Apfelessiggeruch verfliegt nach dem Waschen völlig (spätestens, wenn die Haare trocken sind).
Bei manchen Menschen hat Apfelessig auf der Kopfhaut eine heilende, bei anderen eine austrocknende Wirkung. Bei mir ist ersteres der Fall. Sollte bei dir zweiteres der Fall sein: Kopf nach vorn beugen und nur die Haarlängen und nicht die Kopfhaut übergießen.
Roggenshampoo – Mehlpampe ins Haar?!
In einem Gespräch mit einem guten Freund erfuhr ich, dass er Roggenmehl als natürliches, regionales „Shampoo“ zum Haarewaschen benutzt. Ich war neugierig: Wie von ihm beschrieben rührte ich 2 EL Roggenweißmehl (lässt sich leichter ausspülen als Roggenvollkornmehl) mit lauwarmem Wasser an, bis es flüssig-breiig war und ließ es über Nacht stehen. (Ich hab es auch schon mal sofort benutzt, als es mal schnell gehen musste, aber wenn es mindestens zwei Stunden ziehen konnte, ist die Wirkung besser.) Dann nachmittags unter der Dusche: Echt die Mehlpampe ins Haar?
Es war recht lustig, ich bekam unter der Dusche einen Lachanfall, als ich mir den Matsch ins Haar schmierte. Nach dem Verteilen, Einmassieren und ca. 5 Minuten Einwirken Lassen ließ sich die Pampe auch erstaunlich leicht ausspülen. Ergebnis: mein Haar fühlte sich fluffig und seidigweich an. Wow!
Roggenshampoo lässt sich übrigens auch mit Apfelessig- bzw. Zitronenspülung kombinieren: Nach dem Ausspülen des Shampoos das Haar leicht ausdrücken und dann die Spülung drauf.
Und was sind deine Erfahrungen?
Ich tausche mich immer wieder mit anderen über Erfahrungen aus und bin gespannt auf deine! Wie geht es dir mit Bürsten und No-Poo? Schreib mir hier gern einen Kommentar, und auch, wenn du noch Fragen hast.
TIPP: Wenn du es ausprobierst, dann eine Sache (oder eine Kombination) konsequent über einen längeren Zeitraum, damit du ein aussagekräftiges Ergebnis erhälst. Und Achtung: Ein einziger Besuch in einem Frisiersalon, wo normales Shampoo genutzt wird, kann schon alles zunichte machen.
Ich bürste also weiter ausgiebig und wasche meine Haare nun immer mit Roggenmehl und/ oder Apfelessig oder nur mit Wasser und selten auch mal mit Haarseife, je nachdem, wonach ich mich gerade fühle. Ich liebe den natürlichen, individuellen Duft eines Menschens, also ganz ohne Parfum, Deo, Duschgel u.ä. Hast du jedoch Lust auf Düfte und möchtest dabei trotzdem auf Plastik und Chemie verzichten, versuch es mal mit Lisas Rezept für ein D.I.Y. Apfel-Rosmarin-Kastanien-Shampoo aus rein natürlichen, regionalen Zutaten.
Viel Freude beim Experimentieren!
Vielen Dank. Sehr interessant.